Wirtschaftsprüfung: Umsetzung QS1 im kleinen Prüfunternehmen

Die eidg. Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) verlangt - mit Verweis auf den Gesetzgeber - bei der Wirtschaftsprüfung im Bereich KMU faktisch die Anwendung von auf grosse Prüfstrukturen ausgerichteten Qualitätssicherungs-Standards.

Dies auch wenn deren Anwendung in der Praxis des kleinen KMU-Treuhand- und Prüfunternehmens in den meisten Fällen effektiv gar nicht möglich ist oder keinen Sinn macht. Für die Peer-Review gibt es noch eine Schonfrist bis 1. September 2016 (1).

Die Standards zur Qualitätssicherung sind zwar grundsätzlich prinzipienbasiert und müssen nur soweit als relevant angewendet werden (2). Da es sich jedoch um einen Top-down Ansatz handelt, kommen Treuhand- bzw. Prüfunternehmen in keinem Fall darum herum, sich ganzheitlich mit der Thematik von QS1 auseinander zu setzen. Bei auch ordentlich revidierenden Prüfunternehmen ist ein Kern der Zulassungserneuerung die Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen an das interne Qualitätssicherungssystem (3).

Die Fülle, Komplexität und Mehrschichtigkeit der materiell im eigentlichen Umfang auf die Prüfung von Grossunternehmen ausgerichteten Regeln lassen einen grossen Auslegungsspielraum offen. Es ist für das kleine Prüfunternehmen in der Realität praktisch nicht möglich, aus dem Top-down Ansatz ein unbescholtenes eigenes QS-System abzuleiten und als solches zu bezeichnen (4). 

Der im KMU-Umfeld agierende Wirtschaftsprüfer und Generalist ist bereits mit einer hohen Kadenz von gesetzlichen Änderungen und Neuerungen bezüglich seiner Kernkompetenzen, wie Rechnungslegung, Steuern, Sozialversicherung und anderem konfrontiert. Diese materiellen Änderungen sind von grosser Wichtigkeit und müssen bei der Berufsausübung permanent berücksichtigt werden. Bei KMU-Prüfkunden wird vom Wirtschaftsprüfer auch ein Support bei bestimmten Fragestellungen zur Rechnungslegung erwartet. Mit dem neuen Rechnungslegungsrecht, welches in fachlicher Hinsicht für den Abschlussersteller wesentlich anspruchsvoller geworden ist, wird dieser Erwartungsdruck noch höher. Der KMU-Prüfer bewegt sich permanent in einem Spannungsfeld zwischen gesetzlichem Auftrag und Nutzen-Erwartung des Prüfkunden und Auftraggebers.

Die dichte der Regulierung und der daraus ableitbare hohe Sorgfaltsmassstab in der Berufsausübung kann einem potentiellen Kläger auch beste Anhaltspunkte für mögliche Pflichtverletzungen geben (5). Durch formelle Überregulierung wird so selbst der materiell korrekt agierende Wirtschaftsprüfer – z.B. am Rande eines Ermessensbereichs - in Zweifel gezogen und dem Verdacht der Pflichtverletzung ausgesetzt.

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