Herausforderung Startup

In der modernen Arbeitswelt kann sich niemand darauf verlassen über mehrere Jahre im gleichen Unternehmen tätig sein zu können. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit werden überall verlangt. Arbeiten, die nicht direkt handwerklich sind, können vollständig digitalisiert und Arbeitsplatz unabhängig in hybrider Form bewerkstelligt werden. Prozesse werden im virtuellen Raum abgehandelt. Die Arbeiten sind teilbar und die Zusammenarbeit der Teams grenzenlos.

Wer die Anforderungen der modernen Arbeitswelt bewältigen kann, ein Unternehmertyp ist und über gefragte Kompetenzen verfügt hat durchaus Chancen sich selbständig durchsetzen zu können. Dies bei Dienstleistungsberufen ohne zwingend physische Präsenz und Arbeit. Natürlich aber auch bei handwerklichen Berufen, wo immer mehr ein Fachkräftemangel besteht.

Eine berufliche Selbständigkeit muss allerdings sehr gut überlegt sein. Vision, Wille und Arbeit sind das eine, der Markt und die Realität das andere. Es ist niemand da, der auf einem gewartet hat aber es sind viele da, die nur darauf warten bis man wieder weg ist. 

Eine stark zunehmende Regulierungsdichte, welche praktisch alle Tätigkeitsgebiete betrifft, verhindert unkonventionelles und effizientes Arbeiten. Damit fallen die ursprünglichen Vorteile von Mikrounternehmen gegenüber grösseren Unternehmen immer mehr weg. Einzelkämpfertum wird schnell als "One-man-Show" abgetan und man traut solchen Marktteilnehmer per se keine anspruchsvolleren Leistungen zu.

Neben dem eigentlichen Produkt sind die Anfangskosten und der Faktor Zeit entscheidend, ob das Jungunternehmen die ersten zwölf Monate überlebt. Die Kosten müssen tief gehalten werden, um mit minimalem Ertrag so lange durchhalten zu können bis die budgetierten Erträge effektiv fliessen.

Verkaufstalent ist wichtig aber nicht entscheidend für den längerfristigen Erfolg. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich Qualität lohnt und jeder zufriedene Kunde früher oder später einen neuen Auftrag oder weiteren Kunden bringen wird.


Bevor man den Sprung ins kalte Wasser wagen kann, müssen die persönlichen und familiären finanziellen Bedürfnisse und Möglichkeiten genau geklärt sein und verschiedene damit verbundene Abwägungen gemacht werden.

Wer seine Familienauslagen nicht im Griff hat, der wird auch seine Geschäftsauslagen nicht im Griff haben. Wie viel braucht man effektiv zum Leben und wo ist die untere Schmerzgrenze beim Einkommen? Wie lange reichen die Ersparnisse, wenn während einer bestimmten Zeitdauer weniger Geld hereinkommt als man für minimale Lebenshaltungskosten benötigt? Kann man auf die Unterstützung der Familie zählen? Will man das? Wie steht es um die Altersvorsorge? Entsteht eine Versicherungslücke?

Ein junger Unternehmensgründer hat weniger finanzielle Verpflichtungen und ist flexibel. Seine Risikofähigkeit ist grösser, weil er weniger zu verlieren hat und im Falle eines Scheiterns noch genügend Zeit für einen Neuanfang vorhanden ist. Ein älterer Unternehmensgründer hat den grösseren Erfahrungsschatz und ein besseres Beziehungsnetz. Er hat vielleicht einen bestimmten Betrag an Risikokapital, das er für den Start einsetzen kann ohne bei einem Scheitern finanzielle Probleme zu bekommen. Die persönliche Ausgangslage ist somit je nach Lebenssituation verschieden und beeinflusst die Handlungsmöglichkeiten in der Startphase.

Besonders zu beachten ist, dass Selbständige die Altersvorsorge eigenständig finanzieren und aufbauen müssen, da sie gleichzeig Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind. Die selbst zu erarbeitende Sparquote ist mindestens doppelt so hoch wie bei einem Angestellten.

Weiter gibt es bei juristischen Personen eine Doppelbesteuerung von Geschäftsertrag und ausgeschütteten Gewinnen. Defensiv und nachhaltig agierende Unternehmer, die Gewinne zur Schaffung von Reserven zurück behalten, werden bei Reduktion des Sicherheitspolsters abgestraft. Sparen über zurück behaltenen Gewinn führt zu einer zusätzlichen Steuerbelastung. 

Die Geschäftsidee und das Geschäftskonzept müssen strukturiert niedergeschrieben werden. Dabei geht es nicht um eine Stilübung und Wunschdenken, sondern um eine ehrliche und objektive Auseinandersetzung mit den Produkten / Dienstleistungen, Marktchancen, Absatzmöglichkeiten und allen finanziellen Aspekten. Die Dokumentation kann mit einem in sich abgeschlossenen Businessplan erfolgen oder mit einzelnen Arbeitspapieren, worin die verschiedenen Themen wie Produkte, Marketing, Chancen / Risiken, Finanzielles, etc. abgehandelt und dokumentiert werden.


Neben dem Businessplan muss ein Aktionsplan mit den konkreten Schritten und Etappenziele des Geschäftsaufbaus erstellt werden. Ein Aktionsplan mit klaren Vorgaben stellt sicher, dass diszipliniert und zielorientiert vorgegangen wird. 

Schritte und Massnahmen zur Vorbereitung der selbständigen unternehmerischen Tätigkeit:

  • Erarbeitung Businessplan und Prüfung mit branchenkundiger Vertrauensperson
  • Erarbeitung Aktionsplan mit Definition von klaren und messbaren Etappenzielen
  • Investitionsbudget, kurzfristige Finanzplanung
  • Abklärungen bezüglich allfälligen Bewilligungen und branchenspezifischen Sonderbestimmungen > siehe kantonale Wirtschaftsämter
  • Abklärung ob die geplante Tätigkeit AHV-rechtlich als selbständige Erwerbstätigkeit anerkannt wird. Probleme können sich ergeben, wenn beispielsweise in der Startphase nur für einen bestimmten Auftraggeber gearbeitet wird.
  • Bestimmung Firmennamen, Auftritt
  • Wahl der Rechtsform
  • Physische Räumlichkeiten / Lokalitäten
  • Virtuelle Räumlichkeiten Internet (Präsenz, Service, Shop, etc.)
  • Prüfung beim zuständigen Handelsregisteramt, ob die zu gründende Firma sofort eintragen werden muss. Gewisse Berufsgruppen, wie Makler, Agenten, Treuhänder, Finanzvermittler, Auskunfteien müssen zwingend ins Handelsregister eingetragen werden. Normalerweise besteht die Eintragungspflicht aber erst mit einem Jahresumsatz von CHF 100'000.
  • Abklärungen allgemeine vertragsrechtliche Bedürfnisse für den Geschäftsalltag (wie AGB, Werkvertrag, Kaufvertrag)
  • Grundausstattung Arbeitsmittel, Werkzeuge, etc.
  • Allgemeine organisatorische Vorkehrungen
  • Suche Treuhänder / Berater
  • Anpassung Risikoversicherung (Erwerbsausfall, IV)
  • Sachversicherungen
  • Definition Stop-Loss Limite, Alternativszenario und Exit-Plan
  • etc.

Bereits in der Vorbereitungsphase können erste Geschäftskontakte geknüpft werden. Das kann heikel sein, wenn man sich in einem festen Arbeitsverhältnis befindet. Den Verpflichtungen gegenüber dem noch Arbeitgeber muss in allen Belangen nachgekommen werden. Ein nicht loyales Verhalten würde sich schnell herumsprechen und schaden. Bei Fachkräftemangel ist ein Arbeitgeber allenfalls an einer weiteren Zusammenarbeit, mindestens in einer Übergangszeit, interessiert.

Die Vorarbeiten und Drittleistungen bezüglich des Geschäftsaufbaus müssen dokumentiert werden. Im ersten Geschäftsabschluss können so nachgewiesene Vorleistungen angemessen berücksichtigt werden. Die Dokumentation dieser wichtigen und zeitintensiven Arbeiten ist ebenfalls von Bedeutung, wenn in einer späteren Phase ein Geschäftspartner dazu kommt.


Bei einer juristischen Person (AG, GmbH) beginnt die Startphase formell mit der Gründungsversammlung und Konstituierung des Leitungsorgans. Bei einer natürlichen Person beginnt die Startphase in dem Moment, wo die selbständige Tätigkeit - welche auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus bestimmten Leistungen ausgerichtet ist - aufgenommen wird und man unter eigenem Namen auf dem Markt auftritt.

Die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit kann jederzeit erfolgen. Bis zu einem Jahresumsatz von CHF 100'000 besteht in der Regel keine Eintragungspflicht ins Handelsregister. Bis zu dieser Umsatzgrösse besteht ebenfalls keine obligatorische Mehrwertsteuerpflicht. Es besteht jedoch die Möglichkeit sich sofort mit Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit der MWST zu unterstellen (Unterstellungserklärung). Eine sofortige freiwillige MWST-Unterstellung hat den Vorteil, dass auf den Geschäftsinvestitionen sofort die darauf belastete Mehrwertsteuer über das Abrechnungsverfahren zurückgeholt werden kann. Betragen die Investitionen beispielsweise CHF 100'000 inkl. 7.7% MWST, kann ein Betrag von rund CHF 7'150 zurückgefordert werden.

Die Startphase ist geprägt durch ein finanzielles Ungleichgewicht. Das Startkapital wird bedingt durch die notwendigen Investitionen in Sachvermögen aber auch Umlaufvermögen (z.B. Warenvorrat) schnell abgebaut. Der Produktions- und allgemeine Betriebsaufwand beginnt ebenfalls sofort zu laufen. Als Letztes folgen schliesslich der Ertrag bzw. die Einnahmen in Form von "Cash".

In der Startphase zeigt sich, ob Geschäftsidee und Unternehmenskonzept grundsätzlich funktionieren und ankommen. Aufgrund der ersten Erfahrungen müssen unter Umständen auch bereits erste Anpassungen am Produktekonzept vorgenommen werden.

Auch wenn bereits erste Aufträge da sind oder man in einer Übergansphase beispielsweise als freier Mitarbeiter für ein anderes Unternehmen tätig ist, muss neben der Arbeit die Akquisition von neuen Aufträgen und die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens im Vordergrund stehen. Immer wenn als freier Mitarbeiter die "Mütze" eines Anderen aufgesetzt wird kommt das eigenen Projekt nicht voran.


Liquiditätsengpässe sind für ein Startup zwar normal. Das Ganze muss aber immer in geordneten Bahnen verlaufen. Durch strikte Kostenkontrolle und allenfalls Zufuhr von neuen Mitteln muss die permanente Refinanzierung der Betriebsausgaben sichergestellt sein. Ist dies nicht der Fall, nehmen die Schulden zwangsläufig zu und es entsteht eine Unterbilanz, d.h. die Schulden sind höher als das Vermögen. Wenn das Vorhaben in einer solchen Situation abgebrochen werden muss, erleiden die Gesellschaftsgläubiger Verluste, für die bei Rechtsform der Einzelfirma oder Personengesellschaft der Unternehmensinhaber mit dem Privatvermögen haftet. Bei Rechtsform der Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) sind die speziellen gesetzlichen Bestimmungen und Handlungspflichten bei Kapitalverlust und Überschuldung zu beachten.

Wenn ein Jungunternehmen die ersten zwölf Monate überstanden hat, kann auf den Ersterfolgen weiter aufgebaut werden. Pläne und Konzepte müssen jedoch bereits überprüft und den ersten Erfahrungen angepasst werden. Grössere Aufträge sind in der Startphase praktisch und geben Sicherheit. Andererseits führen diese zu Abhängigkeiten und einem Klumpenrisiko. Es ist wichtig, von Anfang an ein möglichst breitgefächertes Kundenportfolio aufzubauen, denn nur so kann ein stabiles Fundament geschaffen werden. 

Wachstum verlangt die Bereitstellung von neuen Ressourcen, insbesondere auch im personellen Bereich. Wachstumsphasen sind wiederum Investitionsphasen, die meistens nicht aus eigenem Cash-Flow finanziert werden können und zusätzliche Eigenmittel bedürfen. Hier kann sich bereits die Frage nach einer Partnerschaft und Anpassung der Rechtsform stellen.


Eine gute und angemessene Geschäfts- bzw. Unternehmensorganisation soll den Jungunternehmer entlasten und ihm ermöglichen seine Zeit primär der Produktion und dem Verkauf zu widmen. Eine gute Organisation ist eine Vorleistung zur Steigerung der Produktivität der späteren Abläufe. Die investierte Zeit ist so bei weitem nicht verloren.

Es muss immer bedarfsgerecht vorgegangen werden. Wenn sich abzeichnet, dass eine bestimmte Arbeit oder Prozedur sich wiederholen wird, kann mit der Erstabwicklung gleichzeitig eine Standardvorlage für weitere Arbeiten dieser Art geschaffen werden.

Eine gute Organisation der finanziellen Administration (Debitoren, Kreditoren, Löhne, etc.) und des Rechnungswesens ist absolute Pflicht. Die Buchhaltung muss à jour gehalten werden, nur so hat man jederzeit den Überblick über die finanzielle Situation. Mit einer modernen Business-Software können die verschiedenen Tätigkeiten der Firmenverwaltung ohne Doppelspurigkeiten abgewickelt werden. Der Initialisierungsaufwand ist zwar höher als bei einer simplen Treuhänder-Buchführung, dafür werden aber die Routinetätigkeiten wesentlich vereinfacht.

Bei einfachen Verhältnissen ist bis zu einem Jahresumsatz von CHF 100'000 die Führung einer kategorisierten Einnahmen- und Ausgabenrechnung grundsätzlich ausreichend, den es besteht nur eine sogenannte Aufzeichnungspflicht ("Milchbüchlirechnung"). Wenn man davon ausgeht, dass die Umsatzgrenze von CHF 100'000 rasch überschritten wird, sollte von Anfang an eine doppelte Buchhaltung geführt werden.


Bei Dienstleistungen, die wenig Sachinvestitionen benötigen, hat der von "Null"-Start den Vorteil, dass initial nur wenig Risikokapital eingesetzt werden muss. Die Hauptinvestition ist die eigene Arbeitsleistung, die in der Startphase meistens nicht angemessen entlöhnt werden kann. Jeder Schritt zur Verstärkung der Basis (z.B. mit Einstellung von Personal) muss mit selbst erarbeiteten Mitteln finanziert werden. Ein wachstumsorientierter Jungunternehmer hat daher nie freie Zeit und genügend Geld, den beides ist in seinem Unternehmen.

Eine grosse Anzahl KMU's ist in Veränderungsprozessen und es ergeben sich immer wieder Möglichkeiten ein Unternehmen oder Teile davon zu erwerben. Der Unternehmensgründer sollte unbedingt abklären, ob sich für ihn eine entsprechende Opportunität anbietet. Im Zusammenhang mit Nachfolgeregelungen gibt es einen Markt an kleineren, oft schlecht verkaufbaren, Unternehmen. Der Unternehmenskauf als Gegenstück zum Unternehmensverkauf muss gut überlegt und geplant werden. Bei kleineren Unternehmen ist die persönliche Goodwillkomponente im Zentrum. Bei einer Geschäftsübernahme müssen das Kundeportfolio und die subjektive Goodwillkomponente sorgfältig geprüft werden.

Ein Geschäftsmehrwert in Form einer Goodwillkomponente muss transferierbar und nachhaltig sein.


Franchising ist ein Unternehmenskonzept mit dem typische Nachteile der Selbständigkeit verringert werden sollen. Der Franchisinggeber stellt dem Franchisingnehmer ein bestehendes Dienstleistungs- oder Verkaufskonzept zur Verfügung. Der Franchisingnehmer kann so ohne eigene Aufbauarbeit direkt produktiv sein und Umsatz generieren. In der Beratungsbranche kann der Franchisingnehmer vom Netzwerk innerhalb des Verbundes profitieren. Im Aussenverhältnis treten die Franchisingpartner einheitlich unter gleicher Brand auf. Der Verbund ist auf den ersten Blick nicht von einem konventionellen Unternehmen zu unterscheiden. Im Innenverhältnis sind die Partner jedoch selbständige Unternehmer. Es ergibt sich eine gewisse Win-Win-Situation. Durch Eigenständigkeit wird die Motivation und das Erfolgsbestreben der angeschlossenen Partner gefördert, was gleichzeitig zu einem Wachstum des Gesamtverbundes führt. Gängige Prämienmodelle bestehen aus einer Einstiegsprämie und Umsatzabgaben.


Autor dieses Beitrags: André Bolla

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