Zankapfel Eingeschränkte Revision

Eingeschränkte Revision – Was ist das Wesen der Revision? Hinter einer solchen Frage vermutet man eine Hochschulprüfung oder eine philosophische Untersuchung. Doch die Antwort darauf wird derzeit politisch gesucht. Und von ihr hängt vieles ab.

Der Reihe nach: Das schweizerische Revisionsrecht wurde zuletzt im Jahr 2008 geändert. Zusammen mit der damaligen Verschärfung des Aktienrechts, und damit auch des Revisionsrechts, führte das Parlament das Institut der eingeschränkten Revision ein, um kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu entlasten. Im Jahr 2014 wurden rund 108000 Revisionen durchgeführt, davon 88 Prozent „eingeschränkt“.

Schon dieser Blick in die Geschichte zeigt zweierlei: Erstens wollte das Parlament gezielt die KMU entlasten und zweitens haben die KMU von der Entlastungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Das hört sich gut an, doch gerade hier beginnen die Probleme. Denn: Die eingangs gestellte Frage wurde noch nicht beantwortet.

Theorie…

Gemäss dem geltenden Standard für die eingeschränkte Revision ist ihr Ziel definiert als „… eine Aussage des Revisors darüber, ob er auf Sachverhalte gestossen ist, die ihn zum Schluss veranlassen, dass die Jahresrechnung sowie der Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes nicht in allen wesentlichen Punkten Gesetz und Statuten entsprechen.“ Im Unterschied zur ordentlichen Revision „liefert (die eingeschränkte) nur eine begrenzte Urteilssicherheit. Diese kommt in der negativ formulierten Zusicherung des Revisors, dass die geprüfte Jahresrechnung keine wesentlichen Fehlaussagen enthält, zum Ausdruck.“

Was lässt sich folgern? Sowohl aus dem Willen des Parlaments als auch im Verständnis der Branche ist die eingeschränkte Revision nicht eine kleine, „abgespeckte“ ordentliche Revision, sondern eine eigenständige Form. Eigenständig ist sie, weil ihre Aussage fundamental anders ist. Eigenständig ist sie aber auch, weil sie andere Sachverhalte prüft, Zusammenhänge anders bewertet und die Prüfungsbreite statt die Tiefe bevorzugt. Deshalb hat sie als eigenständige Form der Revision auch ihren eigenen Standard.

… und Praxis

Dieser theoretische Befund wird aber in der Praxis relativiert. Zum einen sind Unternehmen und ihre Revisoren oft selber schuld. Sie nehmen Prüfungshandlungen vor, die von der eingeschränkten Revision nicht verlangt werden. Auch wollen viele den positiven Bescheid im Revisorenbericht lesen und drängen auf eine de facto ordentliche Revision. Doch auch die Treuhand-Kammer (neu: EXPERTsuisse) ist selbst nicht an Praxisverschärfungen unbeteiligt. In Unterlagen zur Vernehmlassung der neuen Standards zur eingeschränkten Revision wollte die Kammer viele Elemente der ordentlichen auf die eingeschränkte Revision überstülpen.

Vor allem die Revisionsaufsichtsbehörde RAB tut einiges für die Praxisverschärfung. Sie neigt dazu, die eingeschränkte Revision den strengen Vorschriften der ordentlichen Revision, die vornehmlich für börsenkotierte Unternehmen angelegt ist, zu unterwerfen. Auch in Bezug auf die Spezialprüfungen findet eine systemwidrige Angleichung der eingeschränkten an die ordentliche Revision statt. Sie verlangt zudem zunehmend eine absolute Unabhängigkeit der Revisionsstelle. Konkret bedeutet dies: Sogenannte Doppelmandate sollen nicht mehr bestehen; wer also die Buchhaltung führt, darf sie nicht revidieren.

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