Gemäss Art. 52 BVG sind alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen für den Schaden verantwortlich, den sie dieser absichtlich oder fahrlässig zufügen. Der Anspruch auf Schadenersatz verjährt nach fünf Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen (Schädigenden) erlangt hat. Der Anspruch verjährt in jedem Fall in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet.
Voraussetzung für die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung bei einem Mitglied eines Stiftungsrats und sinngemäss auch bei einem anderen Leitungsorgan, wie Verwaltungsrat bei AG oder Geschäftsführung bei GmbH, sind immer folgende vier Elemente:
- Die Existenz eines Schadens; konkret eine nachweisliche Vermögensminderung durch ein schädigendes Ereignis. Das Ergebnis eines Vermögensschadens äussert sich in Form einer Verminderung von Aktiven, Vermehrung von Passiven oder Nichtvermehrung von Aktiven und Nichtverminderung von Passiven. Bei einem Opportunitätsschaden geht es um die Differenz zwischen einem tatsächlich möglichen positiven Einfluss auf das Vermögen und dem effektiv realisierten Nettovermögenszuwachs. Vorstellbar wäre z.B., dass eine Stiftung mit hoher Risikofähigkeit mangels Anlagereglement und Bewirtschaftung sämtliche Aktiven in Form von flüssigen Mitteln hält und so eine angemessene Rendite verpasst.
- Pflichtverletzung/Widerrechtlichkeit; eine Haftung besteht nur, wenn dem Mitglied des Leitungsorgans Pflichtverletzungen nachgewiesen werden können. Pflichtverletzungen entstehen in der Regel durch widerrechtliches, bzw. nicht rechtskonformes handeln, also dem Nichteinhalten der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen, Erlassen und Weisungen rund um das BVG. Zu beachten ist aber auch die allgemeine Sorgfaltspflicht jedes Mitglieds des Leitungsorgans. Bei seinem Handeln wird der Stiftungsrat an dem gemessen, was erfahrungsgemäss nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge angebracht oder erforderlich ist. Im Schadenfall wird geprüft, ob bei pflichtgemässem Handeln ein Schaden hätte vermieden werden können. Um Verantwortlichkeitsrisiken zu minimieren, muss sich der Stiftungsrat an die gleichen Grundsätze halten wie ein Mitglied eines Verwaltungsrats oder eines anderen Leitungsorgans. Auch ein Stiftungsrat in der Stellung als Arbeitnehmervertreter hat die vollen Pflichten gegenüber der Vorsorgeeinrichtung und kann im Schadenfall zur Rechenschaft gezogen werden. Bei Neu- oder Ersatzwahlen müssen die Kanditaten durch das bestehende Leitungsorgan sorgfältig geprüft und ausgewählt werden. Schliesslich muss auch der Kandidat bei Annahme des Mandates davon überzeugt sein, dass er seinen Pflichten nachkommen kann.
- Verschulden; denn ohne Verschulden kann auch keine Haftung geltend gemacht werden. Verschulden kann aber bereits bei "fahrlässiger" Verhaltensweise (Verletzung der Sorgfaltspflicht) gelten gemacht werden. Dies wird wohl meistens der Fall sein, denn absichtlich wird wohl praktisch nie ein Schaden verursacht und wenn dies der Fall ist, dann geht es wahrscheinlich bereits um einen strafrechtlich relevanten Tatbestand - wo entsprechendes wissentliches und willentliches Verhalten als subjektives Straftatbestandsmerkmal nachgewiesen werden muss.
- Adäquater Kausalzusammenhang; Zwischen der Pflichtverletzung (oder der schädigenden Handlung bzw. Unterlassung) und dem Schaden muss ein "Ursachenzusammenhang" bestehen. Die Handlung oder Unterlassung des Stiftungsrats muss gemäss "gewöhnlichem Lauf der Dinge" und nach "allgemeiner Lebenserfahrung" geeignet sein den Schaden herbeizuführen. Wenn der Schaden mit der bei pflichtgemässem Verhalten notwendigen Handlung oder Unterlassung eindeutig nicht eingetreten wäre, ist ein adäquater Kausalzusammenhang praktisch gegeben.
In Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit des Stiftungsrats sind insbesondere folgende Meldepflichten zu beachten, da deren Nichteinhaltung im Schadenfall eindeutig eine Pflichtverletzung darstellt und wohl auch ein Kausalzusammenhang besteht:
- Die Vorsorgeeinrichtung muss ihrer Aufsichtsbehörde innert drei Monaten nach dem vereinbarten Fälligkeitstermin melden, wenn reglementarische Beiträge noch nicht überwiesen sind (Art. 58a Abs.1 BVV2).
- Bevor die Vorsorgeeinrichtung beim Arbeitgeber Mittel ungesichert neu anlegt, die nicht zweifelsfrei nach Art. 57 Abs.1u.2 BVV 2 (Voraussetzung für Anlagen beim Arbeitgeber, wie z.B. die Vergabe eines Darlehens) auf diese Weise angelegt werden dürfen, muss sie ihrer Aufsichtsbehörde von dieser Neuanlage mit ausreichender Begründung Meldung erstatten (Art. 58a Abs.2 BVV2).
- Die Vorsorgeeinrichtung muss die Aufsichtsbehörde über Deckungslücken und über die dagegen ergriffenen Massnahmen unterreichten (Art. 44 Abs. 1 BVV2).