Die Überwachung der Liquidität, bzw. Zahlungsfähigkeit ist von zentraler Bedeutung. Das Risiko eines Kapitalverlustes oder einer Überschuldung ist bei einer zahlungsunfähigen Gesellschaft sehr hoch, da beim Bilanzierungsansatz von Fortführungs- auf Veräusserungswerte umgestellt werden muss. Ob ein Kapitalverlust nach Art. 725a OR oder gar eine Überschuldung vorliegt, kann mit dem Online-Tool von AudEx einfach überprüft werden.
Die Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts vom 23. November 2016 hält zur Zahlungsunfähigkeit fest:
- Zahlungsunfähigkeit im Sinne von Art. 725 Abs. 1 OR liegt vor, wenn die Gesellschaft ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann und somit weder über die Mittel verfügt, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, noch über den erforderlichen Kredit, sich diese Mittel nötigenfalls zu beschaffen.
- Die einmalige Unmöglichkeit, fristgerecht zu zahlen, begründet noch keine Zahlungsunfähigkeit.
- Begründete Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit ist namentlich gegeben, wenn sich die Hinweise darauf verdichten, dass die Zahlungsverpflichtungen in den nächsten sechs Monaten nicht erfüllt werden können, sei es als Folge einzelner Ereignisse oder aufgrund struktureller Veränderungen im unternehmerischen Umfeld.
Liquiditätsengpässe dürfen nicht einfach im Glauben einer baldigen Erholung ignoriert werden auch wenn sich die Situation in der Vergangenheit stets wieder eingependelt hat. Es gibt Unternehmen mit chronischer Liquiditätsknappheit, die nicht unbedingt vor einem Zahlungsausfall stehen. Gerade bei solchen Unternehmen ist eine detaillierte Liquiditätsplanung mit allenfalls verschiedenen Varianten absolute Pflicht, um sich nicht dem Vorwurf von Pflichtverletzungen auszusetzen, falls es dennoch zu einer Zahlungsunfähigkeit kommen sollte.
Bei einem Konkurs wird eine mögliche Verantwortlichkeit der Organe praktisch immer geprüft. Ist offensichtlich, dass aufgrund der letzten Geschäftszahlen sowie der Entwicklung in jüngster Vergangenheit eine Zahlungsunfähigkeit drohte und kann die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten nicht nachgewiesen werden, nimmt das zivilrechtliche Haftungsrisiko massiv zu.
Nicht zu unterschätzen ist je nach Konstellation ebenfalls ein strafrechtliches Risiko im Bereich Konkursdelikte.
Drohende Zahlungsunfähigkeit, Hinweise
- Seit mehreren Monaten oder chronische Zahlungsschwierigkeiten mit laufender Verschlechterung; auch saisonal keine Erholung mehr
- Eher rückläufiger Umsatz, Verlust von Kunden - Branche mit stark getrübten mittelfristigen Aussichten, welche sich durch sprunghaft erodierende Umsätze manifestieren
- Ertragslage schlecht bei tiefen Abschreibungen
- Werteinbussen auf Aktiven des Umlaufvermögens (Insolvenz grosser Debitor, Währungsverluste, Wertverluste auf Vorräten, etc.)
- Liquiditätsabflüsse passivseitig bedingt (Schaden- / Haftpflichtfall nicht versichert)
- Kosteneinsparungen ausgereizt; insbesondere beim Personal
- Hoher Verschuldungsgrad und Zinsfalle (negativer Leverage-Effekt)
- Probleme bei Schuldamortisation
- Anstehende Refinanzierung mit höheren Zinskosten
- Eigentümer können oder wollen selbst keine Mittel mehr einbringen
Kennzahlen und Hilfsrechnungen zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit
- Entwicklung statische Liquiditätsgrade (Verhältnis flüssige Mittel und kurzfristige Forderungen zu kurzfristigen Verbindlichkeiten)
- Entwicklung Kreditorenbestand
- Entwicklung Nettoumlaufvermögen
- Entwicklung dynamische Liquidität (Cash-Flow) und prospektive Betrachtung
- Planerfolgsrechnung und Liquiditätsplan
- Planmittelflussrechnung
Kurzfristige Möglichkeiten zur Verhinderung der Zahlungsunfähigkeit
- Ausgaben- und Kostenstopp
- Forderungsmanagement optimieren
- Vorauszahlungen bei bestimmten Waren / Dienstleistungen
- Einschuss, Darlehen von Eigentümer (Aktionäre)
- Aufschub von Amortisationsverpflichtungen Finanzschulden
- Kontakt mit Schlüssellieferanten, Fristenaufschub
- Massnahmen Personal, Kurzarbeit
- Verkauf von Anlagevermögen / Desinvestition
- Leasing statt Kauf
- Straffung Sortiment und Ausverkauf Mitläufer
- Alternative Finanzierung (über Lieferanten, welche an weiterer langjähriger Bindung interessiert sind; z.B. im Bereich Rohmaterial)
- Untervermietung nicht genutzte Lokalitäten