CG bei Vorsorgeeinrichtung

Das schweizerische Vorsorgesystem beruht auf drei Grundpfeilern. Man spricht deshalb auch vom 3-Säulenprinzip

  1. staatliche Grundversicherung für Alters- und Hinterlassenenrenten (AHV), welche zur Existenzsicherung dient
  2. privatrechtliche berufliche Vorsorgeversicherung (geregelt im BVG - Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung), welche die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung sicherstellen soll
  3. individuelle, rein private Vorsorge mit zum Teil steuerlich privilegierten Sparmodellen (gebundene Vorsorge)

Die 2. Säule ist eng mit der KMU verbunden, da jedes Unternehmen bzw. jeder Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, die Vorsorge gemäss den Bestimmungen des BVG's durchzuführen. Die berufliche Vorsorge kann als wichtigster sozialer Teil der KMU bezeichnet werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind ebenfalls an einer guten und sicheren Vorsorgelösung interessiert und führen diese im Rahmen des BVG's gemeinsam durch. Diese soziale Interessens- und Zweckgemeinschaft hat sich bewährt und insbesondere auch ermöglicht, dass die Schweiz wohl eine der besten Altersvorsorgen der Welt hat.

Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung wurde 1984 eingeführt. Bereits früher haben viele Unternehmen auf freiwilliger Basis Vorsorgestiftungen betrieben. Mit dem Gesetz wurde ursprünglich einzig eine einheitliche obligatorische Minimalregelung eingeführt.

Seit der Einführung im Jahr 1984 hat sich das BVG - und insbesondere die Gesetzgebung darum herum - stark weiter entwickelt. So wird in der Schrift "Sozialpolitische Rundschau 2009" des ASIP, Schweizerischer Pensionskassenverband festgehalten:

"In den letzten Jahren ging die Tendenz des Gesetzgebers eindeutig dahin, Sachverhalte immer eingehender und detaillierter regeln zu wollen. Das Resultat ist eine immer kompliziertere Gesetzgebung, die nur allzu häufig noch zusätzliche Auslegungsprobleme aufwirft und den konkreten Gesetzesvollzug erschwert."


Aus KMU-Sicht ist das BVG heute ein nicht einfach zu verstehendes, hochkomplexes und in der Verwaltung teures Regelwerk geworden. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb viele KMU's das BVG nicht mehr selber durchführen sondern über Gemeinschafts- oder Sammelstiftungen, welche meistens durch grosse Lebensversicherungsgesellschaften betrieben werden, abwickeln. Damit gehen der direkte Bezug der KMU zur beruflichen Vorsorge und insbesondere auch die soziale "Interessens- und Zweckgemeinschaft" von Arbeitgeber und Arbeitnehmern auf einer unmittelbaren Ebene verloren. Ebenfalls nimmt so der Einfluss des Unternehmertums auf rund 600 Milliarden verwaltete Vermögen ab.

KMU's mit eigenen Stiftungen übernehmen in der Regel die "Leadfunktion" in der Geschäftsführung einer Stiftung. Grundsätzlich gilt jedoch eine "Parität" zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer. So heisst es in Artikel 51 BVG:

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben das Recht, in das oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung die gleiche Anzahl von Vertretern zu entsenden.
  • Die Vorsorgeeinrichtung hat die ordnungsgemässe Durchführung der paritätischen Verwaltung zu gewährleisten. Es sind namentlich zu regeln:
    • die Wahl der Vertreter der Versicherten;
    • eine angemessene Vertretung der verschiedenen Arbeitnehmerkategorien;
    • die paritätische Vermögensverwaltung;
    • das Verfahren bei Stimmengleichheit.

Für selbständig Erwerbende ist die zweite Säule (BVG) nicht obligatorisch. Diese haben jedoch die Möglichkeit, sich im Rahmen der 3. Säule steuerlich privilegiert besser zu versichern als unselbständig Erwerbende. Auch selbständig Erwerbende (Personenunternehmen) müssen aber ihre Angestellten im Rahmen des BVG versichern, den die berufliche Vorsorge ist zwingend mit jedem Arbeitsverhältnis verbunden. 

Selbständige haben aber seit der 1. BVG Revision (Inkrafttretung zwischen 2004 - 2006) nach Art. 4 BVG auch die Möglichkeit sich freiwillig dem BVG zu unterstellen. Gerade für selbständig Erwerbende ist der Aufbau einer guten beruflichen Altersvorsorge wichtig, weil sie durch laufendes reinvestieren der Gewinne tendenziell ihr Vermögen zu stark an das Geschäft binden. Dies kann im Hinblick auf eine spätere Unternehmensnachfolge, bzw. bei der Nachfolgelösung zu Problemen führen.


Stiftungsräte müssen sich mit der Materie des BVG intensiv auseinandersetzen. Von arbeitgeberseitigen Vertretern, welche auch im Leitungsorgan oder der Geschäftsführung der Stifterfirma (Arbeitgeberfirma) sind, wird besondere Sensibilität für die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich BVG verlangt. Im schweizerischen Handelsrecht (Obligationenrecht) werden die mit dem "beruflichen" Vorsorgeschutz verbundenen Pflichten des Arbeitgebers unter der Rubrik Arbeitsvertrag in den Artikeln 331 bis 331f geregelt. Im Weiteren sind folgende wichtige Gesetzte, Erlasse, Weisungen und Informationsquellen zu beachten:

  • Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) : Haupterlass über die berufliche Vorsorge in der Schweiz. Regelt grob den Geltungsbereich, Versicherungspflicht, Organisation und die Aufsicht.
  • Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-, und Invalidenvorsorge (BVV2) : Regelt ausführlicher die die Grundsätze der beruflichen Vorsorge, Personenkreis der Versicherten, Pflichten des Arbeitgebers, Führung der Alters- bzw. Sparkonten, Freizügigkeitsleistung (Austrittsleistung) beim Wechsel des Arbeitgebers, Versicherungsleistungen, Organisation des Vorsorgewerks, Finanzierung der Vorsorgeleistungen, Unterdeckung, Rechnungswesen und Rechnungslegung, Information der Versicherten, Vermögensverwaltung, Anlagen beim Arbeitgeber, etc.
  • weitere Verordnungen über

Beaufsichtigung und Registrierung von Vorsorgeeinrichtungen (BVV1)

Verordnung über die Anpassung der laufenden Hinterlassenen- und Invalidenrenten an die Preisentwicklung

Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV3)

  • Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge... (FZG) und entsprechende Verordnung (FZV): Regelt die Ansprüche und Modalitäten bei Wechsel eines Arbeitsverhältnisses, d.h. beim Austritt aus einer Vorsorgestiftung (des alten Arbeitgebers) und Neueintritt in das Vorsorgewerk des neuen Arbeitgebers. In Art. 5 des FZG wird auch geregelt, unter welchen Umständen Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung (Freizügigkeitsleistung) verlangen können. Bis auf wenige Ausnahmen ist die Austrittsleistung vollumfänglich in das Vorsorgewerk des neuen Arbeitgebers einzubringen und darf den "Kreis" der zweiten Säule nicht verlassen - solange das Endalter (Rentenalter) nicht erreicht ist. In diesem Gesetz werden auch die Meldepflichten bezüglich der "vergessenen" Guthaben von Versicherten geregelt. Von besonderer Bedeutung ist auch die Regelung der Freizügigkeitsleistung im Verhältnis zum europäischen Recht.
  • Bundesgesetz über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEF)
  • Verordnung über den Sicherheitsfonds BVG (SFV), welcher im Falle von Insolvenz eines Vorsorgewerkes die reglementarischen Leistungen deckt
  • Weisung des Bundesrates über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge vom 27. Oktober 2004
  • Verordnungen, Weisungen, Praxismittelungen, Internetportale der kantonalen Aufsichtsbehörden
  • Weisungen, Mitteilungen und Publikationen vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zur beruflichen Vorsorge

Übersicht aktuelle rechtliche Grundlagen für Vorsorgeeinrichtungen auf der website von der BBSA - Bernische BVG- und Stiftungsaufsicht


In der Stiftungsurkunde oder in den Statuten werden die Grundlagen und Organisation, d.h. Name, Zweck, Vermögen/Reglement, Stiftungsrat, Rechnungsführung und Kontrolle, Aufhebung grundsätzlich stipuliert.

Das oberste und geschäftsführende Organ einer Vorsorgestiftung ist der Stiftungsrat. Er erlässt auch die verschiedenen Reglemente der Stiftung, wie das

  • Pensionskassenreglement (oder Vorsorgereglement und Organisationsreglement);
  • Anlagereglement;
  • Teilliquidationsreglement;
  • Rückstellungsreglement (bezüglich Bildung von Rückstellungen für die versicherungstechnischen Risiken);
  • und andere separate Reglemente, je nach grösse und Aufbau der Stiftung.

Eine Vorsorgeeinrichtung, welche das BVG - also die obligatorische berufliche Vorsorge - durchführen will, muss registriert sein (Art. 48 BVG). Mit der Registrierung wird die Vorsorgeeinrichtung der kantonalen Aufsicht unterstellt. Vorsorgeeinrichtungen mit nationalem und internationalem Charakter sind jedoch direkt der Aufsicht durch das Bundesamt für Sozialversicherung unterstellt.

Gemäss Art. 62 BVG muss die Aufsichtsbehörde darüber wachen, dass die Vorsorgeeinrichtung die gesetzlichen Vorschriften einhält (Rechtsmässigkeit der Geschäftsführung). Die gesetzlich definierten Hauptaufgaben sind:

  1. Prüfung der Übereinstimmung der reglementarischen Bestimmungen mit den gesetzlichen Vorschriften;
  2. Die jährliche Berichterstattung fordert, namentlich über die Geschäftstätigkeit;
  3. Massnahmen zur Behebung von Mängeln trifft;
  4. Streitigkeiten betreffend das Recht der versicherten Person auf Information beurteilt (Einhaltung der Informationspflicht des Stiftungsrates).

Zu beachten sind insbesondere auch die Weisungen und Verordnungen der kantonalen Aufsichtsbehörden. Gemäss Art. 18 der "Stiftungsverordnung" 2009 des Kantons Bern, bestehen beispielsweise folgende Aufsichtsmittel:

  1. Einforderung von Auskünften, Berichten und Unterlagen;
  2. Erteilung von Weisungen an die Organe, den Versicherungsexperten und an die Revisionsstelle;
  3. Ermahnung oder Verwarnung von Organen;
  4. Aufhebung oder Änderung von Entscheiden von Organen;
  5. Abberufung von Organen und Einsetzung eines Sachwalters bzw. eines kommissarischen Verwalters (Kurator);
  6. Anordnung von Gutachten;
  7. Anordnung von Ersatzvornahmen;
  8. Erstattung von Strafanzeige;
  9. Verhängung von Bussen bei Vorsorgeeinrichtungen.

Es versteht sich von selbst, dass die mit der Geschäftsführung einer Stiftung betrauten Personen, d.h. insbesondere der Stiftungsrat, ihre Aufgabe mit aller Sorgfalt wahrnehmen müssen. Oberstes Ziel von Pensionskassenverantwortlichen ist immer die Wahrung der Interessen der Versicherten und Rentenberechtigten im Rahmen der beruflichen Vorsorge.


Voraussetzung für eine zielgerechte und effiziente Geschäftsführung ist wie beim Unternehmen selber eine auf die Stiftung zugeschnittene Organisation der Verwaltung. Die vorhandenen Ressourcen im unternehmerischen Umfeld des Vorsorgewerks müssen auch für die Verwaltung der Stiftung optimal eingesetzt werden. Bei einem KMU läuft die administrative Schnittstelle zwischen Arbeitgeber-Unternehmen und Vorsorgestiftung über die Personalverwaltung und das Lohnwesen.

Die eigentliche Geschäftsführung der Stiftung ist auch eine unternehmerische Aufgabe, muss aber von der Geschäftsführung des Arbeitgeber-Unternehmens strikte getrennt sein. Einzig und allein dem Stiftungsrat obliegen die grundlegende Organisation der Geschäftsführung und deren Gesamtüberwachung. Der Stiftungsrat kann sich aber mittels Delegation vom "Tagesgeschäft" an einen Verwalter bzw. Geschäftsführer entlasten. Immer wenn Aufgaben delegiert werden, müssen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten genau festgelegt sein. Die Geschäftsführung kann in folgende Bereiche aufgegliedert werden:

  • Allgemeiner Betrieb der Stiftung: Verwaltung des Versichertenbestandes, Beitragserhebung, Abwicklung der Leistungserbringung (Renten, Austrittsleistungen), Informationswesen (Arbeitnehmer, Rentner), Behandlung Spezialfragen: zu Wohneigentumsförderung, individuellen Einkäufen zur Leistungsverbesserung, etc. und anderes mehr.
  • Vermögensverwaltung: Dabei geht es zuerst um die Anlagestrategie, welche sich nach der Risikofähigkeit und den Renditezielen zur Sicherstellung der Vorsorgeziele richtet. Oberste Grundsätze der Vermögensverwaltung sind immer Sicherheit, Ertrag und Liquidität. Die operative Vermögensverwaltung richtet sich nach dem Anlagereglement, worin Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung klar festgelegt sind. Bei der Ausführung der Vermögensverwaltung sind die Loyalitätsbestimmungen von Art. 48f bis Art. 48h BVV2 strikte zu beachten.  
  • Rechnungswesen: Bei einer Vorsorgeeinrichtung unterscheidet man zwischen "technischer" Buchführung und der eigentlichen Finanzbuchführung. Unter technischer Buchführung versteht man primär das Nachführen der individuellen Spar- oder Alterskonten der Versicherten (Gutschrift der Beiträge und Zinsen sowie allfälliger zusätzlicher Einlagen) entsprechend den reglementarischen Bestimmungen sowie in einer "Schattenrechnung" entsprechend des minimalen BVG-Versicherungsplans (genau wie im Gesetz definiert). Bei den Rentnern werden die Rentenzahlungen von den Guthaben auf den Alterskonten, welche während der ganzen aktiven Erwerbszeit aufgebaut wurden, wieder abgebucht. Von der technischen Buchführung zu unterscheiden ist die technische Bilanz, bei der es um die Ermittlung der versicherungstechnisch notwendigen Rückstellungen geht, welche auch in der ordentlichen Jahresrechnung (Finanzbuchführung und Abschluss) bilanziert sein müssen. Die ordentliche Jahresrechnung der Vorsorgestiftung besteht aus Bilanz, Betriebsrechnung und Anhang. Gemäss Art. 47 Abs2 BVV2 muss die Jahresrechnung nach den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER 26 erstellt werden.
  • Internes Kontrollsystem: Eine sachgemässe Organisation der Vorsorgestiftung ist Bestandteil der Geschäftsführung. Je nach Grösse und Struktur der Vorsorgeeinrichtung ist somit auch ein den Verhältnissen angepasstes internes Kontrollsystem (IKS) notwendig. Für den eigentlichen Aufbau eines IKS ist die Geschäftsführung zuständig. Der Stiftungsrat als oberstes geschäftsführendes Organ hat unter dem Aspekt der Rechtsmässigkeit der Geschäftsführung die Pflicht dafür besorgt zu sein, dass ein solches System vorhanden ist. Die Revisionsstelle muss in ihrem jährlichen Bericht die Rechtsmässigkeit der Geschäftsführung bestätigen und somit je nach Grösse der Stiftung auch das IKS und dessen Funktionstüchtigkeit bei den Prüfungshandlungen einbeziehen. Die Bestimmungen von Art. 728a OR (ausdrückliche gesetzliche Prüfungspflicht der Existenz eines IKS) gelten jedoch innerhalb des BVG's nicht. 

Die Grundlage des Rechnungswesens einer Vorsorgeeinrichtung ist, soweit die Spezialgesetzlichen Vorschriften des BVG's nicht vorgehen, wie bei jeder unternehmerischen Organisation eine ordnungsmässige Buchführung. Zu beachten ist, dass im neuen Buchführungsrecht die allgemeinen Bestimmungen zur Ordnungsmässigkeit weit ausführlicher dargestellt werden. Die spezialgesetzlichen Vorschriften bezüglich Rechnungslegung eines Vorsorgewerks sind in Art. 47 BVV2 geregelt. Demnach muss die Vorsorgeeinrichtung, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dient, eine Jahresrechnung, bestehend aus Bilanz, Betriebsrechnung und Anhang, erstellen. Die Jahresrechnung muss nach den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER und insbesondere Swiss GAAP FER 26 erstellt werden. Letztere gewährt die in Art. 65a BVG geforderte hohe Transparenz eines Vorsorgewerks, mit der sichergestellt wird, dass

  • die tatsächlich finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtung ersichtlich;
  • die Sicherheit der Erfüllung der Vorsorgezwecke belegt werden kann;
  • das paritätische Organ der Vorsorgeeinrichtung seine Führungsaufgaben wahrnehmen kann;
  • die Informationspflichten gegenüber den Versicherten erfüllt werden können.

Der Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER 26 regelt den Inhalt der verschiedenen Teile der Jahresrechnung (Bilanz, Betriebsrechnung und Anhang) zu obigen Zwecken der Transparenz ausführlich. Bei der Erstellung der Jahresrechnung muss sich die Vorsorgestiftung zwingend an den vorgegebenen Grundraster des Standards halten. Die Jahresrechnung (Jahresabschluss) muss die tatsächliche finanzielle Lage im Sinne der Gesetzgebung über die berufliche Vorsorge abbilden - und enthält alle für die Beurteilung der finanziellen Lage notwendigen Informationen. Es geht einerseits um das Zahlenwerk Bilanz und Betriebsrechnung mit klar vorgegebenen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätzen sowie andererseits um den Anhang mit vielen zusätzlichen Informationen. Der grosse Unterschied zu einem "normalen" Jahresabschluss eines Unternehmens besteht darin, dass die versicherungstechnische Situation ebenfalls direkt aus dem Jahresabschluss ersichtlich sein muss. Der Bilanzleser erkennt die Verbindung zwischen finanzieller und technischer Buchführung in der Bilanz durch verschiedene technischen Rückstellungen (wie z.B. für Langlebigkeit, Umwandlungssatz, Risikoausgleich Rentner, Risikoschwankungsfonds) und der Betriebsrechnung mit Nachweis der Veränderungen dieser Rückstellungen. Das Betriebsergebnis einer Vorsorgeeinrichtung beinhaltet somit immer auch Bildung und Auflösung von versicherungstechnischen Rückstellungen, die jährlich nach versicherungstechnischen Grundlagen durch den Experten für die berufliche Vorsorge berechnet werden.

Wichtige Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze:

  • Wertschriften werden zum Marktwert bilanziert (insbesondere auch bis auf den Verfall gehaltene festverzinsliche Wertschriften), wobei Wertschwankungsreserven als Puffer zum Auffangen von Verlusten gebildet werden müssen. Freie Reserven dürfen erst ausgewiesen werden, wenn die angestrebten Wertschwankungsreserven voll dotiert sind.
  • Immobilien werden marktorientiert bewertet (z.B. mit Diskontierung der zukünftig anfallenden Erträge nach dem Discounted-Cash-Flow Ansatz)

Angaben im Anhang (Offenlegung von Informationen zur Transparenz):

  • Rechtliche Grundlagen und Organisation
  • Aktive Mitglieder und Rentner
  • Art der Umsetzung des Zwecks (Vorsorgeplan, Finanzierung, etc.)
  • Bewertungs- und Rechnungslegungsgrundsätze
  • Versicherungstechnische Risiken, Art der Risikodeckung, Deckungsgrad
  • Erläuterung der Vermögensanlage und des Netto-Ergebnisses aus Vermögensanlage
  • Erläuterung weiterer Positionen der Bilanz und Betriebsrechnung
  • Auflagen der Aufsichtsbehörde
  • Weitere Informationen mit Bezug auf die finanzielle Lage (z.B. zu Unterdeckung und Massnahmen)
  • Ereignisse nach dem Bilanzstichtag

Gemäss Art. 52 BVG sind alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen für den Schaden verantwortlich, den sie dieser absichtlich oder fahrlässig zufügen. Der Anspruch auf Schadenersatz verjährt nach fünf Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen (Schädigenden) erlangt hat. Der Anspruch verjährt in jedem Fall in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet.

Voraussetzung für die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung bei einem Mitglied eines Stiftungsrats und sinngemäss auch bei einem anderen Leitungsorgan, wie Verwaltungsrat bei AG oder Geschäftsführung bei GmbH, sind immer folgende vier Elemente:

  • Die Existenz eines Schadens; konkret eine nachweisliche Vermögensminderung durch ein schädigendes Ereignis. Das Ergebnis eines Vermögensschadens äussert sich in Form einer Verminderung von Aktiven, Vermehrung von Passiven oder Nichtvermehrung von Aktiven und Nichtverminderung von Passiven. Bei einem Opportunitätsschaden geht es um die Differenz zwischen einem tatsächlich möglichen positiven Einfluss auf das Vermögen und dem effektiv realisierten Nettovermögenszuwachs. Vorstellbar wäre z.B., dass eine Stiftung mit hoher Risikofähigkeit mangels Anlagereglement und Bewirtschaftung sämtliche Aktiven in Form von flüssigen Mitteln hält und so eine angemessene Rendite verpasst.
  • Pflichtverletzung/Widerrechtlichkeit; eine Haftung besteht nur, wenn dem Mitglied des Leitungsorgans Pflichtverletzungen nachgewiesen werden können. Pflichtverletzungen entstehen in der Regel durch widerrechtliches, bzw. nicht rechtskonformes handeln, also dem Nichteinhalten der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen, Erlassen und Weisungen rund um das BVG. Zu beachten ist aber auch die allgemeine Sorgfaltspflicht jedes Mitglieds des Leitungsorgans. Bei seinem Handeln wird der Stiftungsrat an dem gemessen, was erfahrungsgemäss nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge angebracht oder erforderlich ist. Im Schadenfall wird geprüft, ob bei pflichtgemässem Handeln ein Schaden hätte vermieden werden können. Um Verantwortlichkeitsrisiken zu minimieren, muss sich der Stiftungsrat an die gleichen Grundsätze halten wie ein Mitglied eines Verwaltungsrats oder eines anderen Leitungsorgans. Auch ein Stiftungsrat in der Stellung als Arbeitnehmervertreter hat die vollen Pflichten gegenüber der Vorsorgeeinrichtung und kann im Schadenfall zur Rechenschaft gezogen werden. Bei Neu- oder Ersatzwahlen müssen die Kanditaten durch das bestehende Leitungsorgan sorgfältig geprüft und ausgewählt werden. Schliesslich muss auch der Kandidat bei Annahme des Mandates davon überzeugt sein, dass er seinen Pflichten nachkommen kann.
  • Verschulden; denn ohne Verschulden kann auch keine Haftung geltend gemacht werden. Verschulden kann aber bereits bei "fahrlässiger" Verhaltensweise (Verletzung der Sorgfaltspflicht) gelten gemacht werden. Dies wird wohl meistens der Fall sein, denn absichtlich wird wohl praktisch nie ein Schaden verursacht und wenn dies der Fall ist, dann geht es wahrscheinlich bereits um einen strafrechtlich relevanten Tatbestand - wo entsprechendes wissentliches und willentliches Verhalten als subjektives Straftatbestandsmerkmal nachgewiesen werden muss.
  • Adäquater Kausalzusammenhang; Zwischen der Pflichtverletzung (oder der schädigenden Handlung bzw. Unterlassung) und dem Schaden muss ein "Ursachenzusammenhang" bestehen. Die Handlung oder Unterlassung des Stiftungsrats muss gemäss "gewöhnlichem Lauf der Dinge" und nach "allgemeiner Lebenserfahrung" geeignet sein den Schaden herbeizuführen. Wenn der Schaden mit der bei pflichtgemässem Verhalten notwendigen Handlung oder Unterlassung eindeutig nicht eingetreten wäre, ist ein adäquater Kausalzusammenhang praktisch gegeben.

In Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit des Stiftungsrats sind insbesondere folgende Meldepflichten zu beachten, da deren Nichteinhaltung im Schadenfall eindeutig eine Pflichtverletzung darstellt und wohl auch ein Kausalzusammenhang besteht:

  • Die Vorsorgeeinrichtung muss ihrer Aufsichtsbehörde innert drei Monaten nach dem vereinbarten Fälligkeitstermin melden, wenn reglementarische Beiträge noch nicht überwiesen sind (Art. 58a Abs.1 BVV2).
  • Bevor die Vorsorgeeinrichtung beim Arbeitgeber Mittel ungesichert neu anlegt, die nicht zweifelsfrei nach Art. 57 Abs.1u.2 BVV 2 (Voraussetzung für Anlagen beim Arbeitgeber, wie z.B. die Vergabe eines Darlehens) auf diese Weise angelegt werden dürfen, muss sie ihrer Aufsichtsbehörde von dieser Neuanlage mit ausreichender Begründung Meldung erstatten (Art. 58a Abs.2 BVV2).
  • Die Vorsorgeeinrichtung muss die Aufsichtsbehörde über Deckungslücken und über die dagegen ergriffenen Massnahmen unterreichten (Art. 44 Abs. 1 BVV2).

Gemäss BVG muss das Vorsorgewerk über zwei privatrechtliche Kontrollinstitutionen verfügen. Dies ist einerseits die

  • Kontrollstelle (Revisionsstelle), welche die Geschäftsführung, das Rechnungswesen und die Vermögensanlage (finanzielle Situation) prüft und andererseits der
  • Experte für berufliche Vorsorge, welcher für die Prüfung der versicherungstechnischen Situation zuständig ist.

Die konkreten Aufgaben der Revisionsstelle sind:

  • Prüfung der Gesetzes-, Verordnungs-, Weisungs- und Reglementskonformität (Rechtmässigkeit) der Jahresrechnung und der Alterskonten;
  • Prüfung der Rechtsmässigkeit der Geschäftsführung, insbesondere die Beitragserhebung und die Ausrichtung der Leistungen, sowie die Rechtmässigkeit der Anlage des Vermögens;
  • Einhaltung der Loyalität der Vermögensverwaltung (Art. 48f-h BVV2);

Die Revisionsstelle muss dem Stiftungsrat der Vorsorgeeinrichtung schriftlich Bericht erstatten. Dabei empfiehlt sie Genehmigung, mit oder ohne Einschränkung, oder Rückweisung der Jahresrechnung. Stellt die Revisionsstelle bei der Durchführung ihrer Prüfung Verstösse gegen Gesetz, Verordnungen, Weisungen oder Reglemente fest, so muss sie das in ihrem Bericht offenlegen.

Die konkreten Aufgaben des Experten für berufliche Vorsorge sind:

  • Prüfung, ob die Vorsorgeeinrichtung jederzeit Sicherheit dafür bietet, dass sie ihre Verpflichtungen erfüllen kann;
  • Prüfung, ob die reglementarischen versicherungstechnischen Bestimmungen über die Leistungen und die Finanzierung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen;
  • Liegt bei einem Vorsorgewerk eine versicherungstechnische Unterdeckung vor, muss der Experte jährlich einen versicherungstechnischen Bericht erstellen und sich darin insbesondere darüber äussern, ob die vom zuständigen Organ getroffenen Massnahmen zur Behebung einer Unterdeckung Art. 65d BVG entsprechen, und orientiert über deren Wirksamkeit;
  • Meldepflicht an Aufsichtsbehörde, wenn eine Vorsorgeeinrichtung keine oder ungenügende Massnahmen ergreift, um eine Unterdeckung zu beheben.

andere Themen, die interessieren könnten / autres thèmes