Kapitalverlust (bis 2022) - Besorgnis Überschuldung

Das Signal schaltet auf Rot (Abs. 2 von Art. 725 OR), wenn sich die Situation so verschlimmert, dass man eine Überschuldung befürchten muss. Diese Situation kann sich ergeben, wenn beispielsweise bereits beim letzten Jahresabschluss eine Unterbilanz bestand und sich der Geschäftsgang im laufenden Jahr weiter verschlechtert hat. Allgemeine Hinweise auf die Entstehung einer Überschuldungssituation sind:

  • Weitere Verschlechterung der Liquidität
  • Laufende betriebliche Verpflichtungen können nicht vollständig mit betrieblichen Einnahmen ausgeglichen werden und das Nettoumlaufvermögen verschlechtert sich offensichtlich
  • Starker Umsatzrückgang und Kosten können nicht entsprechend reduziert werden
  • Anlagevermögen ist eher hoch bewertet, da bereits in den letzten Jahren nicht mehr maximal abgeschrieben werden konnte
  • Laufende Rechtsstreitigkeiten oder Verfahren, die zusätzliche Kosten verursachen
  • Ertragslage des Unternehmens hat sich in den vorangehenden Jahren kontinuierlich verschlechtert und es gibt keine eindeutige Anzeichen, dass sich die Situation wieder bessert

Falls also "begründete Besorgnis" einer Überschuldung besteht, hat der Verwaltungsrat einer AG (bzw. die Geschäftsführer bei einer GmbH) eine Zwischenbilanz zu Fortführungswerten und eine solche zu Veräusserungswerten zu erstellen. Es muss jedoch unbedingt auch geklärt werden, ob die Fortführung des Unternehmens überhaupt möglich ist. Falls die Fortführung, z.B. infolge fehlender Liquidität oder Kündigung eines Kredits, welcher nicht refinanziert werden kann, nicht mehr möglich ist, kommen als Bewertungsbasis für die Zwischenbilanz nur noch Veräusserungswerte in Frage.

Die Zwischenbilanz muss Klarheit darüber verschaffen, ob das Unternehmen effektiv überschuldet ist. Der Status zu Fortführungswerten ist nach Grundsätzen ordnungsgemässer Rechnungslegung zu erstellen. Es gelten insbesondere das Kostenwert- und Vorsichtsprinzip (Niederstwert-, Realisationsprinzip). Im Status zu Veräusserungswerten sind auch Rückstellungen für Stilllegung, Kündigung, Liquidationskosten, etc. zu berücksichtigen. Bei Bilanzierung zu Veräusserungswerten gilt das Anschaffungswerprinzip gemäss Art. 960a OR bzw. Art. 665 ORalt nicht mehr, wodurch sich unter Umständen eine bessere Situation ergibt als bei Bilanzierung zu Fortführungswerten (man spricht dann von einer unechten Überschuldung). 

Im Prüfungsbericht muss die Revisionsstelle, gemäss Prüfungsstandard Nr. 290 der Treuhand-Kammer, eine eindeutige Aussage darüber treffen, ob die Gesellschaft überschuldet ist oder nicht. Besonders gefordert ist die Revisionsstelle bei Bewertungsunsicherheiten und Abweichungen ihrer Bewertungseinschätzungen von jenen des Leitungsorgans. Die Revisionsstelle wird bei ihrer eigenen Einschätzung sehr vorsichtig sein.

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